Eine Minute dauert 60 Sekunden, eine Stunde 60 Minuten und ein Weltrekord im Tischkickern (mindestens) 26 Stunden. Zumindest der nunmehr sechste Weltrekord von Julia und Stephanie Mueller, der am 5. Mai um 10.30 Uhr zusammen mit der Barmherzige Brüder Behindertenhilfe im mittelfränkischen Gremsdorf aufgestellt wurde. Die Zwillinge, auf Social Media bekannt als Squattwins, haben sogar noch 10 Minuten draufgelegt und sich letztlich erst nach stolzen 26 Stunden und 10 Minuten Dauerkickern vom Kickerkasten getrennt.
Das Motto der erfolgreichen Aktion lautete „Inklusion noch mehr in die Köpfe und Herzen der Menschen bringen“. Als sportliches Mittel zum Rekord wurde Tischkickern ausgewählt. Warum? „Weil es für Vielfalt, Teamgeist und Zusammenhalt steht! Tischfußball kennt fast jeder und kann von nahezu allen gespielt werden. Ob Groß oder Klein, Alt oder Jung, mit Einschränkung oder ohne. Mit Spannung und Action bringt es Menschen zusammen an einen Tisch“, erklärt Rainer Güttler. Der Schreinermeister leitet die Kicker-Produktion der Benedikt-Menni-Werkstatt (WfbM), in der unter anderem das eigens für den Weltrekordversuch designte Modell gebaut wurde.
Da die Regularien des Weltrekords „Längster Tischfußball-Marathon eines Duos gegen wechselnde gegnerische Teams“ sehr viele Teilnehmende erforderten, stellte das Organisationsteam der Behindertenhilfe 53 Teams auf, in denen insgesamt 115 Menschen antraten. Neben zwei Ordensbrüdern nahmen natürlich auch zahlreiche Mitarbeitende, Beschäftigte und Bewohnerinnen und Bewohner der Gremsdorfer sowie der oberpfälzischen Reichenbacher Einrichtung der Barmherzigen Brüder teil. Auch aus Schwandorf und Regensburg reisten Delegationen an und sogar die spanischen Einrichtungen des Ordens schickten einen Videogruß von Kicker zu Kicker! Die Nachtschichten vergingen wie im Flug dank motivierter Teams aus den verschiedenen Vereinen und Verbänden der Gemeinde Gremsdorf.
Alle 30 Minuten wechselten die gegnerischen Teams, deren frischer Elan und Ehrgeiz dem Weltrekord eine wahre Torflut beschert haben: 3.281-mal wurde die weiße Kugel insgesamt im Tor versenkt, davon 2.821-mal von den Gegnern der Squattwins. Die nahmen den Torjubel ihrer Gegner mit Gelassenheit auf. Schließlich war ihr körperlich und mental sehr herausforderndes Ziel der zeitliche Marathon.
Es war ein inklusives Ereignis, das über die 26 Stunden und 30 Minuten hinweg mit vielen besonderen Menschen und deren Geschichten aufwarten konnte: Da war zum Beispiel Lucas, für den die Teilnahme das schönste Geschenk zu seinem achten Geburtstag bedeutete und dessen Gäste zu Hause seine Freude per Livestream mitverfolgen konnten. Oder die Kameraden der Feuerwehr Buch, die in voller Montur zu später Nachtstunde angetreten waren und deren Spielergebnis von 108:8 Toren bei diesem Weltrekord nicht mehr geschlagen werden sollte. Und wiederum Bürgermeister Norbert Walter, der mit Mitgliedern des Gemeinderats zu noch späterer Zeit das Top-Ergebnis neidlos anerkannte. „Auf die Tafel der besten Teams schaffen wir es sicherlich nicht“, orakelte er schon vor seinem Einsatz. „Aber dabei sein ist alles.“
Dabei waren an diesem Tag und in dieser Nacht des 4. Mais sowie am Vormittag des 5. Mais viele Herzensmenschen, die zusammen mit den beiden Sportlerinnen etwas auf die Beine gestellt haben, was es leider noch nicht oft ins Rampenlicht schafft: Soziale Inklusion. Die, das hat die äußerst erfolgreiche Aktion in Gremsdorf am Wochenende gezeigt, kann Großes bewirken, wenn man sie anpackt. Und wie und wo ginge das besser als mit einem Weltrekord im Dauertischkickern direkt am Pulsschlag der mittelfränkischen Kicker-Produktion?